Entpflichtung
Experte der Ostkirchen verabschiedet
07.10.2023 hjb Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Im Gottesdienst am Sonntag, 1. Oktober 2023 erinnerte die Pröpstin Sabine Bertram-Schäfer an den Werdegang von Pfarrer Michael Kohlbacher.
Wörtlich sagte sie: "Ihr aktiver Dienst in unserer Kirche kann mit dem Datum der Ordination beschrieben werden. Es war der Tag vor dem Epiphaniastag, am 5. Januar 1992 als Sie Propst Caspary in der Kirchengemeinde Reichenbach ordiniert hat. Gott hat Sie berufen und Sie sind mit Gottes Segen zum Dienst als Pfarrer in unserer Kirche beauftragt worden. Diesem Datum ging eine Zeit voraus, die Sie geprägt hat und die Sie in die ökumenische Vielfalt des Christentums gestellt hat.
In Darmstadt und Arheiligen sind Sie aufgewachsen. Nach der Konfirmation waren Sie aktiv in der Jugendarbeit und wollten mehr über die Bibel wissen. Sie schlossen sich einem Hausbibelkreis an und entschlossen sich nach dem Abitur Theologie zu studieren. Sie begannen Ihr Studium in Frankfurt. Ihr besonderes Interesse galt der Religionswissenschaft. Ihr weiterer Studienweg führte Sie nach Mainz, nach Wien und nach Heidelberg. Der Schwerpunkt Ihrer Studien lag in der Kirchengeschichte und hier besonders im Bereich „Alter Orient“. Sie lernten die Sprachen der Ostkirchen und waren als Experte auf diesem Gebiet gefragt.
Nach dem 1. Theologischen Examen erhielten Sie ein Stipendiat für eine Doktorarbeit. Der Wunsch, ins Vikariat zu gehen und sich der Gemeindearbeit zuzuwenden, veranlasste Sie, die Universität zu verlassen. So begannen Sie Ihr Vikariat 1989 in Dieburg. Ihr Lehrpfarrer war Pfarrer Richard Felsing. Dem Vikariat schloss sich ein Spezialvikariat im konfessionskundlichen Institut in Bensheim an.
Ein Bibelwort, das Sie schon vor der Ordination begleitet hat, war für Ihr Wirken als Pfarrer wegweisend, so haben Sie es mir erzählt. Der Wunsch, die biblische Botschaft und das Evangelium von Jesus Christus zu den Menschen zu bringen, drückt sich in dem 1. Vers aus Jesaja 40 aus: „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott.“ Diese Worte spricht der Prophet zum Volk Israel. Nach der Zerstörung des Tempels und im babylonischen Exil war die Botschaft des Propheten, dass Gott ein mitgehender Gott ist, der sein Volk niemals verlässt.
Sie, lieber Herr Kohlbacher, haben Gottes Trostworte und seine Botschaft in Ihrer ersten Kirchengemeinde in Reichenbach entfaltet. Dort waren Sie fünf Jahre, bevor Sie zum ersten Mal nach Sinn kamen.
1997 wurden Sie Pfarrer in der Kirchengemeinde Sinn, die Sie sich zwei Jahre mit Ihrer Frau Sabine Kohlbacher teilten. Durch den Stellenwechsel Ihrer Frau nach Rheinhessen verließen Sie die Kirchengemeinde Sinn. Sie nahmen Ihre universitären Studien wieder auf und ließen sich zunächst vom Pfarrdienst beurlauben. Nach einer Vertretungszeit im Dekanat Alzey, führten Ihre Wege wieder nach Nord-Nassau.
2005 übernahmen Sie als Inhaber die Pfarrstelle Sinn, die Sie bereits gut kannten. Wenn wir Sie heute verabschieden, dann blicken Sie auf eine Zeit von 18 Jahren in dieser Kirchengemeinde zurück. Ob Sie das Wort des Propheten Jesajas in dieser Zeit geleitet hat? „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott.“ Das hebräische Wort für „trösten“ נחמ)) – nacham - drückt mit einem Bild aus, wie Gottes Trost sich anfühlt. Es kann damit umschrieben werden, wie eine Mutter ihr Kind tröstet, so wird sich Gott über seine Menschenkinder erbarmen. Als Seelsorger mag Sie dieses Wort geleitet haben.
Aber auch für Ihr eigenes Leben war dieses Trostwort ein guter Wegbegleiter. Sie haben die Menschen in Ihrer Kirchengemeinde begleitet und die Verbindung zwischen der Kirchengemeinde und der Kindertagesstätte als einen Schwerpunkt beschrieben. Die Zuwendung Gottes zu seinen Menschenkindern lebendig zu halten, ist ein Auftrag, der sich auch aus dem Jesaja Wort erschließt. Sie selber haben immer wieder Gottes Zuwendung gebraucht. Vielleicht haben Sie Stärkung in diesem Bibelwort gefunden.
Aufgrund Ihrer gesundheitlichen Situation werden Sie heute in den Ruhestand verabschiedet. Das Jesajawort soll heute als ein Wort, das Gottes Zuwendung beschreibt, über Ihren Abschied stehen. Und so blicken wir auch jetzt am Tag Ihres Abschiedsgottesdienstes auf Gott und vertrauen darauf, dass Gott unsere Wege mit uns geht und uns leitet.
Sie, lieber Herr Kohlbacher, auf Ihren Wegen als Pfarrer im Ruhestand. Und die Kirchengemeinde auf ihren Wegen in der Zeit der Veränderung. Mir bleibt es nun, Ihnen als Ihre Pröpstin heute herzlich zu danken für alle Dienste, die Sie in den Kirchengemeinden für unsere Kirche geleistet haben. Sie haben Gottes Wort bezeugt. Dabei hat Sie die Kraft des Heiligen Geistes geleitet. Sie haben Vergebung zugesprochen und Gottes Anspruch auf unser Leben verkündigt. Sie sind Seelsorger und Lehrer gewesen. Sie haben mit vielen Menschen Zeiten der Hoffnung und des Zweifels, Zeiten des Schmerzes und der Freude erlebt.
Im Namen der Kirchenleitung danke ich Ihnen dafür, dass Sie einen Teil Ihrer Lebenszeit, Begabung und Kraft unserer Kirche geschenkt haben. Nun ist die Zeit gekommen, Abschied von diesen vielen Aufgaben zu nehmen. Ein Abschied macht frei, aber ein Abschied kann auch schmerzen. Wir wollen heute beides im Blick haben. Manches möchten wir am liebsten festhalten, manches Schwierige vergessen.
Gott hilft uns, anzunehmen und loszulassen. Gott trägt uns durch den Abschied hindurch".
Pröpstin Sabine Bertram-Schäfer sprach Pfarrer Michael Kohlbacher den Segen Gottes zu für seine neue Lebensphase, die er nun beginnt. "Wir verabschieden Sie nicht nur aus der Kirchengemeinde Sinn, sondern aus Ihrem aktiven Dienst in unserer Kirche", sagte Pröpstin Sabine Bertram-Schäfer.
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